Das Zusammenpacken nach 4 Nächten ist aufwendig, trotzdem kommen wir zeitig aus dem Motel, fahren zur Westküste und dann Richtung Süden. Der Zwischenstopp bei Westport ist sehr interessant, die Pelzrobben planschen in den Wellen bzw. klettern über die Felsen, der Ausblick auf die Tasman See ist genial - endlich mal richtige Brandung! - zum Glück sieht man von den 200 Regentagen heute nix! Kurz nach 4 Uhr kommen wir in Hokitika, der Hochburg für die Jade-Fabrikation an.
Das Zusammenräumen ist ziemlich aufwendig, dennoch schaffen wir es, um 9:15 Uhr vom Hof des Motels zu fahren. Ich frage mich immer noch, wer auf die seltsame Idee kommen kann, den Abluftventilator im Bad an einen Bewegungsmelder anzuschließen und im Obergeschoß das biologische (?) Insektizid gegen die Ameisen zu versprühen (und das im Küchenbereich), aber gut. Die Route führt durch das Binnenland Richtung Westen, wieder der sagenhafte Urwald abwechselnd zu den Weidewiesen, durch die Buller Schlucht. Dort gibt es eine weitere Kiwi-Attraktion: die längste Swing bridge von Neuseeland, über die man nicht nur laufen kann sondern auch darunter entlang schwingen. Egal, so lange hatten wir für den Zwischenstopp nicht eingeplant und 5 $ nur um über die Schwingbrücke zu laufen, das lohnt sich nicht wirklich. Weiter geht es am Kurangi National Park entlang bis die Westküste erreicht ist. Dort geht es an der unglaublich aufregenden Küstenstraße 6 nach Süden, über weite Strecken ohne irgend ein Haus - noch nicht mal eine Farm oder Weidevieh zwischendurch! - bis wir in Westport ankommen. Auch hier, wie überall in Kiwi-Land, gibt es öffentliche Toiletten, natürlich kostenlos. Vom Parkplatz sind es nur wenige Meter bis zum Cape Foulwind, der Weg schlängelt sich an der Küste einen kleinen Hügel hoch, die Brandung der Tasman See ist tosend laut zu hören, bis wir zum Aussichtspunkt für die Pelzrobben-Kolonie kommen. Die Jungen robben sich über die Felsen, ob groß oder klein, kaum eine Robbe ist auf dem Felsen zu erkennen, sie haben ihre Tarnfarbe angelegt. Uns gelingen einige herrliche Fotos von den herum tollenden und tobenden Pelzrobben, auch die Bucht mit der Brandung und den weißen Gischt ist herrlich anzusehen und zu hören, dann geht es zurück durch den Agavenhain zum Parkplatz.
Der SH 6 führt direkt an der Küste entlang, man sieht immer wieder faszinierende Felsbrocken, die offenbar von der Insel abgeschnitten wurden, die Straße windet sich an den steilen Küstenhängen entlang. Auf einem Aussichtspunkt ist gerade ein größerer Vogel unterwegs, nach dem Warnschild auf der Straße zu urteilen dürfte das ein Weka gewesen sein, offenbar flugunfähig, ein größerer brauner Vogel (er muss blind oder taub oder nicht scheu gewesen sein - ansonsten wäre er vor den etwa 10 tief beeindruckten Touristen geflohen).
Der SH 6 führt weiter über Greymouth, der größten Stadt an der Westküste (10.000 Einwohner), wo wir tatsächlich noch im Supermarkt Wasser kaufen können - die anderen Läden sind nach 15 Uhr offenbar alle geschlossen - direkt am Meer entlang bis nach Hokitika, unser nächstes Ziel. Das Motel ist ziemlich geräumig, voll ausgestattet (es gibt sogar ein Cerankochfeld mit 4 Platten), und wir suchen erst einmal das Stadtzentrum (es gibt etwa 6000 Einwohner) auf, um das Zentrum der Jade-Verarbeitung zu erkunden. Die Geschäfte sind so voll gestopft mit herrlichen Kunstwerken, dass ich mich wieder mal nicht entscheiden kann - wir kommen morgen noch einmal vorbei. Das uns wärmstens empfohlene Restaurant hat schon viele gut gelaunte Gäste und auch am Samstag Live-Musik - wir kaufen uns im Supermarkt schöne Lachssteaks und Salat und genießen den Abend mit Selbstgekochtem und gutem Wein auf der Terrasse.
Wir sind wieder (für unsere Verhältnisse) früh unterwegs, können uns nicht entscheiden, welchen der Gletscher wir uns ansehen wollen und fahren deshalb beide an. Der Franz Josef ist touristisch besser erschlossen - also für Kiwi-Verhältnisse total überlaufen - zum Fox muss man etwas weiter laufen, aber es lohnt sich! Danach führt die Route weiter nach Süden bis Haast um dort am Haast River abzubiegen, über den Haast Pass durch den Mount Aspiring National Park ins Landesinnere zu fahren. Auf der halben Strecke zwischen Haast und Wanaka liegt Makarora, das Wilderness Ressort, in dem wir 2 Nächte bleiben.
Das Zusammenpacken geht schneller, wir sind um 9:15 Uhr im Auto und besichtigen noch einmal die Jade Factories, bis ich die schönste Kette für mich gefunden habe. Noch einmal voll tanken und ab geht es an die Küste auf den SH 6. Die Straße führt durch herrliche Wälder, ab und zu liegt ein See malerisch inmitten der hohen Bäume und dem Buschwerk. Es gab sogar einen See ohne Bootsrampe! An den Zufahrten zu den Seen sind jeweils Picknick-Bänke aufgestellt, die meisten verfügen über ein Plumps-Klo - überall barrierefrei. Die Wälder, die wir durchqueren erinnern an den Film "Herr der Ringe", die Baumstämme sind allesamt mit Moos, Flechten und Farnen bewachsen.
Der erste Gletscher auf der Strecke ist Franz Josef. Der Motel-Wirt hat uns einen Gletscher empfohlen, an den man besser an das Gletschertor rankommen kann und einen, der schöner ist. Leider ist im Kiwi-Slang kein Unterschied zwischen "Frääns" und "Fääääx" zu erkennen - wir wissen also nicht genau, was er uns wirklich empfehlen wollte. Im Ort Franz Josef suchen wir das Visitor Center auf und erkunden die möglichen Wanderwege zu den Aussichtspunkten. Daraufhin fällt unsere Entscheidung, am Franz Josef Gletscher den kurzen Weg (20 Min. Return - haben wir allerdings nicht gebraucht) und am Fox den längeren Weg (1,5 h Return) zu nehmen.
Der Weg zum Gletscher-Parkplatz ist unbefestigt, der Schotterweg staubt aber nur kräftig und ist gut zu fahren. Die wenigen Fußgänger am Wegesrand sind bestimmt nicht so glücklich über die Autos, die sie permanent mit dem feinen Staub einnebeln. Der Parkplatz ist wieder einmal riesig, leider gibt es keine Schattenplätze. Der kurze Weg Sentinel Rock ist ein Schotterweg, führt durch neu angepflanztes Buschwerk, das ein Blätterdach bildet, um nach einem kurzen Anstieg auf den Aussichtspunkt zu münden. Wie wir vermuteten ist der Gletscher von einer schwarzen Schmutzschicht überzogen, am Gletschertor befindet sich eine riesige Höhle aus der das Gletscherwasser grau heraus strömt. Wir fotografieren unsere Beweisbilder und treten den Rückzug an. Mit dem Auto sind es noch einmal etwa 20 km bis zum Fox Gletscher, der Ort ist diesmal nicht ganz so touristisch, jedoch steht auch hier ein Reisebus und viele Camping-Vans vor den Cafes und Souvenirläden am Straßenrand. Der Weg zum Fox Gletscher ist etwas schräger und auch nicht sehr breit angelegt, es gibt glücklicherweise Ausweichstellen für den Gegenverkehr. Der Parkplatz ist relativ klein, von dem aus der Chalet Lookout Walk startet. Der Weg führt durch den malerischen Urwald, überall hängen Moose und Sukkulenten von den Bäumen, kaum ein Baumstamm ist nicht übersät von Moos, Flechten und Farnen. Wir durchqueren nicht nur das ein oder andere Bachbett, der Weg führt auch an einigen Stellen durch die Bäche durch. Zu Beginn des Weges wurde davor gewarnt, dass die Fluss Überquerungen nach heftigen Regenfällen nicht möglich sind. An einem steil abfallenden Bach sind wir eine Weile auf der Suche, wo wir da wohl rüber kommen - bis uns ein Kiwi entgegen kommt, dessen Weg wir dann ebenfalls nehmen. Und es hat sich gelohnt, kurze Zeit später erreichen wir den Aussichtspunkt, von dem man einen herrlichen Blick auf den Fox Gletscher genießen kann, der zwar ebenfalls mit einer Dreckschicht überzogen ist, er sieht trotzdem beeindruckender aus. Im Hintergrund ist der schneebedeckte Mount Cook zu sehen - schon alleine deshalb hat sich der Weg gelohnt. Gletscherwanderungen werden nur über den Franz Josef angeboten, mit dem Teleobjektiv sind auch einige Gruppen zu erkennen.
Nach der aufregenden Tour geht es weiter über den SH 6 bis Haast. Der Ort wird an der ganzen Westküste angekündigt, mehr als 10 Häuser können wir nicht entdecken. Und wieder erblicken wir das tröstliche Schild - die Pass-Straße ist offen! Der Haast-Pass windet sich in engen Kurven und schmalen Straßen steil bergauf, auch hier überholen wir Fahrrad-Touristen, vollbepackt bis obenhin, alle Achtung! Direkt nach Haast beginnt der Mt. Aspiring National Park, der dritt größte National Park Neuseelands. Es hat sich gelohnt, dieses herrliche Stück Land mit dem Urwald zu erhalten, der Anblick der mit Wald und Buschwerk bedeckten Hügel ist faszinierend. Der Pass ist immerhin 564 m hoch, glücklicherweise lässt uns der Busfahrer überholen. Die Straße wird breiter und ist nicht mehr so kurvig, die "one-lane-bridges" mehren sich allerdings. In diesem National Park gibt es einige Wanderwege, überall an der Straße sind sowohl Parkplätze als auch kurze Beschreibungen der Wege zu sehen.
Gegen 18 Uhr kommen wir in dem Wilderness Ressort von Makarora an. Makarora (West) besteht aus einem DOC-Büro, einem Holiday Park mit angeschlossener Tankstelle, Souvenir-Laden und Bar/Restaurant und einer Landebahn für die Rundflüge. Gerade wird ein Backpacker Bus abgefertigt, eine riesige Schlange steht zum Bezahlen bereit. Als sie abgefahren sind können wir in das Chalet einchecken, ein dreieckiges Häuschen mit Betten, Küchenzeile und Dusche/WC. Es wäre vorteilhaft, wenn wir es im neuwertigen Zustand kennen gelernt hätten, aber für 2 Nächte tut es das auch.
Mitten im Nichts zwischen Haast und Wanaka erkunden wir die möglichen Wanderwege im DOC-Büro und schnallen dann die Rucksäcke für den Track zum Haast Pass hoch und wieder zurück. Mit Rundkursen haben es die Kiwis nicht so sehr...
In der Wildnis draußen essen zu können ist schon richtig fein, hier steigt die Temperatur tagsüber bis auf 30 °C an - das hammer uns verdient! Ich bewundere die Radler, die sich über die hügelige Straße quälen, heute ist ein älteres Ehepaar mit Voll-Ausstattung im Holiday Park angekommen, die sind richtig fit. Dafür haben sie auch gutes Wetter und müssen nicht noch mit Wind und Regen kämpfen.
Heute schlafen wir erst mal richtig aus, und begeben uns zur Mittagszeit ins DOC-Büro, um uns Infos zu den möglichen Wanderwegen zu besorgen. Die dort ausgestellten Fotos von den Sommer- und Wintertagen sind äußerst beeindruckend, hier ist das Wetter extrem mit sehr heißem Sommer und richtig Schnee im Winter. Die Karte mit allen Wanderwegen des National Parks ist vollständig, allerdings enthält sie keine Routen sondern nur Wegbeschreibungen in Prosaform. Wenn aber schon von "climbing steeply up to the bushline" die Rede ist reicht unsere Phantasie vollkommen aus, warum für 5 km 4 Stunden angesetzt werden und Alpin-Ausrüstung notwendig ist. Wir entscheiden uns für den historischen Bridal Track, der erste Verbindungsweg zwischen der Westküste und Otago. Der Weg führt am Fluss Makarora entlang bis zur Swing Bridge, bei der davor gewarnt wird, dass nicht mehr als 5 Personen gleichzeitig die Brücke benutzen sollen. Jeder einzelne Schritt bringt die Brücke in Schwingungen, bei der Fluss-Überquerung kann es einem schon mulmig werden. Der Weg führt sehr steil bergauf, teilweise über Steine, dann wieder über weichen Waldweg, um wieder über Felsbrocken oder umgefallene Bäume zu klettern und kleine Bäche zu überqueren. Die Abstecher bergab sind nur von kurzer Erholung, nach der nächsten Biegung folgt der nächste Steilhang nach oben, der Fluss ist ständig zu hören, offenbar fließt er ebenfalls mit größerem Gefälle zu Tal. Nach einer guten halben Stunde erreichen wir den Aussichtspunkt, von dem aus man über das Tal und den flachen Teil des Makarora River sehen kann. Nach einer kurzen Verschnauf- und Fotopause geht es weiter bergauf, glücklicherweise nur noch wenige Meter bergab, um schließlich flacher, breiter und angenehmer zum Laufen zu werden. Wir erreichen den Pass, knipsen das Beweisfoto, leider gibt es hier keine nette Picknick Bank (dafür aber eine Mauer, auf die man sich setzen kann) und treten den Rückweg an - der natürlich einiges schneller zu wandern ist, da die Abwärts-Passagen die Aufwärts-Passagen bei weitem übersteigen.
Den Kaffee haben wir uns redlich verdient, wir kommen gerade noch rechtzeitig vor dem Backpacker-Bus an und genießen den restlichen Tag: Augenpflege, lesen, Abendessen mit Rotwein, das Urlaubs-Übliche.
Es regnet seit gestern Abend, die ganze Nacht hindurch und will überhaupt nicht mehr aufhören. Die Temperatur ist heute morgen auf 10 °C gefallen, der Abschied von der Wildnis wird uns leicht gemacht. Über Wanaka geht die Reise bis Queenstown, ein hektischer und geschäftiger Touristenort, ein Motel neben dem anderen, in der Geschäftsstraße herrscht hektische Betriebsamkeit - trotz oder wegen des Regens - so dass wir sofort die Flucht ergreifen. Am Lake Wakatipu entlang bis Kingston und weiter auf der SH 6 bis zur Abzweigung der SH 94, die nach Te Anau führt. Erst am Nachmittag lässt der Regen nach, in Te Anau lichten sich die Wolken und die Sonne kommt wieder hervor.
Die Nacht war nicht sehr erholsam, der Regen trommelt permanent auf das Dach (oder sollte ich Wand sagen, bei dem Dreieckigen Gebäude?), es hat auf etwa 10 °C am Morgen abgekühlt. Der Regen begleitet uns auf dem Weg Richtung Süden, der Lake Wanaka ist kaum zu sehen, auch der geplante kurze Wanderweg am Lake Hawea fällt buchstäblich ins Wasser. Wir hoffen inständig, dass der Regen nachlässt - die Hoffnung stirbt zuletzt. Es ist unglaublich anstrengend auf der kurvigen und unebenen Straße zu fahren, ständig durch riesige tiefe Wasserpfützen, die sich in den Spurrinnen gebildet haben. In Queenstown steuern wir als erstes einen Supermarkt an, leider sind die Regenjacken im Kofferraum, wir warten, dass zumindest der Wind etwas nachlässt - und freuen uns, heute wenigstens mit dem Auto und nicht mit dem Tandem unterwegs zu sein. Eine kurze Besichtigungsfahrt durch Queenstown lässt uns schnell wieder umkehren - nach der Stille der Wildnis ist es uns definitiv zu hektisch hier. Offenbar gibt es bei Regen keinen Zeitvertreib weshalb alle Touristen sich im Ort aufhalten, entweder wild durcheinander über die Straße eilend oder - wie wir - im Auto. Wir ergreifen die Flucht und fahren am Lake Wakatipu entlang bis zu dessen Südspitze in Kingston, an dem der "Kingston Flyer" mit vielen Plakaten beworben wird. Dabei handelt es sich um eine Dampf-Eisenbahn (erinnert mich an die Museumsbahn am Mainufer), am zugehörigen Bahnhof ist eine entsprechend teure Bar, wir nehmen das Cafe in der Ortsmitte. Die Eisenbahn begegnet uns im weiteren Verlauf des SH 6, Endstation ist offenbar der nächste Ort, Fairlight, etwa 15 km südlich gelegen. Der folgende Ort Garston ist nicht besonders aufregend, jedoch sind rund um diese Siedlung riesige Schafherden auf der Weide. Unserem Eindruck nach sind diese Herden größer als die um Masterton auf der Nordinsel, die ja lt. Reiseführer die Schaf-reichste Region sein soll.
An der Abzweigung bei Castlerock fahren wir weiter auf der SH 94 in westliche Richtung, wenigstens regnet es jetzt nicht mehr. Auch hier gibt es die gewohnten Straßen-Baustellen, Weideland und Urwald am Straßenrand. Wir kommen gegen 16 Uhr in Te Anau an, das Motel-Zimmer ist riesig und mit voll ausgestatteter Küchenzeile, es gefällt uns hier. Bei dem ersten Spaziergang zum Visitor Center und zur Geschäftsstraße kommt bereits die Sonne durch die Wolken, das Wetter hier stimmt versöhnlich.
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