Es regnet. Mal mehr mal weniger, aber der Ausflug zum Te Mata Peak wird erst mal verschoben. Zuerst geht es zum Cape Kidnapper, dann setzen wir die Weintour fort: erst Clearview Estate Winery, dann das höchst bewertete Weingut Te Mata Estate Winery.
Eigentlich war zuerst ein Besuch des Aussichtspunktes Te Mata Peak geplant, aber aufgrund des Regens und der Wolken fahren wir zum Cape Kidnapper. Dort ist eine Tölpel-Kolonie, man darf aber nur bei Ebbe den etwa 5 stündigen Weg hin und zurück antreten. Da wir uns über die Gezeiten nicht informiert haben (na ja, vielleicht auch nur wegen des Regens) kehren wir am Ende der Straße wieder um und suchen das erste Weingut auf. Da Kim Crawford Wines erst um 11 Uhr öffnet nehmen wir das nächste in Augenschein, Clearview Estate Winery. Offenbar sind wir die ersten Gäste, der Parkplatz ist leer, die Reste von gestern werden gerade zusammengestellt als wir das Lokal betreten. Es begegnet uns eine herzliche Freundlichkeit, gepaart mit Wein-Sachverstand, hier gefällt es uns nicht nur gut, der Wein schmeckt auch hervorragend. Die Entscheidung fällt auf Old Olive Block, einen Cuvee aus Malbec und Merlot.
Durch das Tukituki Tal, entlang des Tukituki Flusses führt uns der Weg zurück nach Havelock North zum Weingut Te Mata. Es ist gerade eine Besichtigungstour im vollen Gange, leider haben wir den Beginn verpasst, die Weinprobe begeistert uns dennoch. Sowohl der Merlot Rosé sagt uns zu als auch der erste richtig geniale Syrah, mit dem wohlklingenden Namen "Bullnose". Die heutigen Weine sind zwar etwas teurer, allerdings gilt weiterhin die Devise: Das Leben ist zu kurz um schlechten Wein zu trinken!
Anschließend gibt es eine kurze Stadtbesichtigung von Hastings, von dem eigentlich nur die auf den Vordächern platzierten prächtig blühenden Blumenkästen beeindruckend sind.
Trotz Nieselregen besichtigen wir den Aussichtspunkt Te Mata Peak, zu dem eine halsbrecherische schmale Serpentinenstraße mit direktem Ausblick auf den nicht gegen Absturz gesicherten Abhang am Hügel entlang führt. Für ein Mountainbike ist der Weg breit genug, der Motorradfahrer hat es nur wettermäßig schlecht erwischt. Trotz des diesigen Wetters mit Wolken verhangenem Himmel ist die Aussicht beeindruckend, man überblickt die Weite des Tukituki Tals, das wir kurz zuvor entlang gefahren waren, ein Weingut steht malerisch inmitten der Talebene, die Schafe weiden auf den grünen Hügeln ringsum. Das Foto von der blühenden Agave kann ich mir nicht verkneifen.
Auf dem Rückweg nehmen wir einen Trip durch Havelock North und genießen einfach diese fruchtbare Gegend hier. Überall wachsen 2 - 3 m hohe Hecken bzw. dicht gepflanzte Coniferen, wahrscheinlich als Windschutz (oder auch Diebstahlschutz?) mit diversen Obstbäumen dahinter: Orangen, Zitronen, Aprikosen, Nektarinen, Äpfel. Neben Obst ist auch der Gemüseanbau weit verbreitet, an jeder Einfahrt sind Schilder angebracht mit dem aktuellen Angebot des Hofverkaufs. Wir erstehen Erdbeeren, eine Melone und Nektarinen und genießen schon im Auto den Duft des süßen Obstes.
Es gibt hier sehr viele Makler, nicht nur die Schaufenster beinhalten interessante Angebote, auch die ausliegenden Prospekte enthalten durchaus Alternativen zur Frankfurter Eigentumswohnung mitten in der Stadt.
Gabys Philosophiestunde Teil 2: Kiwi Kaffee
Kaffee
Das wohlschmeckende und von den Italiener zelebrierte Getränk, das inzwischen auch in Deutschland dazu geführt hat, dass jeder einen eigenen Vollautomaten mit Mahlwerk, Milch und was weiß ich noch alles (spülen tun sie sich aber noch nicht) haben muss, wird in Neuseeland extrem gehuldigt. Inzwischen soll die Espressomaschinendichte so hoch sein, dass man nie mehr als 5 m von der nächsten entfernt sein kann. Auch wenn es auf dem Land vor allem Fast Food und keine richtigen Restaurants gibt, überall spriessen die Cafes aus dem Boden wie Unkraut. An jeder Ecke befindet sich mindestens ein Cafe, oft ausgestattet mit Hot Spot für ungestörten Internet Anschluss, aber immer mit ansprechenden Muffins und Pies. So wie es in Deutschland erst mal den Kaffee (bzw. Cappuccino oder Latte Macchiato) gibt bevor die Stückchen serviert werden (oder eben beides gleichzeitig) bekommt man in Kiwiland nach der Bestellung und dem Zahlen an der Theke erst einmal eine Nummer, die auf dem gewählten Tisch aufgestellt wird, dann werden die Stückchen auf dem Tablett platziert, und wenn man diese dann gegessen hat wird auch schon der Kaffee serviert.
Die Kiwis besitzen eine unglaubliche Phantasie bei der Erzeugung von neuen unbekannten Kreationen rund um dieses Getränk. Der Cappuccino ist meistens gleich, manchmal mit der Frage, ob mit oder ohne Schokoladenpulver, manchmal gibt es Schokoladenpulver oder Zimt auf dem Milchschaum. Genial ist der Einfallsreichtum bei der Zierde des Pulvers: verziert man den Espresso (oder Kaffee?) erst mit dem Pulver und schüttet anschließend die geschäumte Milch drüber, kann man richtig künstlerische Verzierungen herstellen. Der Asiate im Internet Cafe in Auckland hat dieses perfektioniert! Beim Latte Macchiato setzt die Phantasie schon bei der Bezeichnung ein: hier heißt er Latte (mit Betonung auf lateeeeeeee), manchmal auch Cafe Latte, aber nie mit Macchiato! Der Macchiato war in einem Cafe ein Espresso mit einer Milch-Crema. Meinem Gesicht muss deutlich anzusehen gewesen sein, dass dies nicht meiner Erwartung entsprach, ich bekam noch ein Kännchen Milch dazu. Den Mocchacino, Chai Latte, Big White oder Short Black und was es sonst noch für Besonderheiten so gibt haben wir bisher noch nicht ausprobiert. Da sowohl Cappuccino als auch Latte immer in großen Pötten (auch wenn man "small" bestellt) serviert wird, die überaus gut schmecken, werden wir auch nicht sehr viel in das Kaffe-probieren investieren. Die Weinproben eignen sich dafür besser.
Der Te Mata Peak liegt auch heute in Wolken, der Abschied von Havelock North fällt deshalb nicht ganz so schwer. Erst den SH 2 entlang Richtung Süd-Westen bis Palmerston North dann Richtung Westen bis Wanganui führt die nächste Route. Der Top 10 Holiday Park wird von Deutschen geführt, deshalb dauert das Einchecken etwas länger, dafür kriegen wir gleich die richtigen Hinweise, wo wir auf alle Fälle auf Besichtigungstour gehen müssen.
Erst mal füllen wir unser Weindepot mit einigen Flaschen Rosé von Esk Valley auf, dann geht es wieder zurück über Napier, Hastings und Havelock North auf der SH 2 entlang durch die fruchtbare Ebene der Hawke's Bay. Über Dannevirke, die sich mit Wikingern am Ein- und Ausgang geschmückt haben, und Woodville - kaum war man drin, schon geht es wieder raus, nur kurz auf 80 km/h runtergebremst - führt der SH2 nach Palmerston North (ich habe die Stadt hinterher an dem charakteristischen Square mitten in der Stadt wieder erkannt). Von dort geht es wieder Richtung Nord-Westen nach Wanganui, unserem nächsten Zielort. Die Entfernung ist diesmal nicht so groß, nach insgesamt etwa 300 km kommen wir gegen 14:30 Uhr in Wanganui an. Die Deutsche an der Rezeption des Campingplatzes erklärt Heiko nicht nur den Platz sondern auch gleich die Sehenswürdigkeiten, die wir unbedingt besuchen müssen. Wir beginnen heute auch gleich mit einem Spaziergang um den Virginia Lake, einen kleinen See mit angelegtem Park. Die Besonderheit liegt in der Fontäne, sie ist in Form einer Seerose und wird durch den Einwurf einer Münze (wahrscheinlich 50 Cent) aktiviert. Die Enten und anderen uns unbekannten Vögel sind an die Fütterung gewöhnt, sobald man stehen bleibt um die Kamera zu aktivieren, kommen die Vögel watschelnd auf einen zu. Hier gibt es auch einen Kauri-Forest, jetzt können wir uns endlich von den berühmtesten Neuseeländischen Bäumen ein Bild machen, um sie später wieder erkennen zu können. Auch ein kleiner Seerosen-Teich ist in den Park integriert, mit Brücke und herrlichen Lilien am Ufer.
Auf dem Campingplatz ist noch einiges los, das Hüpfkissen wird sowohl von den kleinen als auch von den großen Kindern gerne und ausgiebig frequentiert. Die Voliere sieht etwas klein aus für die Masse an verschiedenen Vögeln, sogar ein kleiner Papagei wird dort drin gehalten. Für die ganz kleinen Besucher des Holiday Parks ist der kleine Hasenstall eine weitere Attraktion, ein weißer und ein schwarzer Hase knabbern fröhlich an ihren Karotten und dürfen auch ab und zu gestreichelt werden.
Der Whanganui National Park müsste eigentlich bei Wanganui Stadt und am Fluss Whanganui entlang liegen. Die Anfahrt in den eigentlichen Park ist etwas weiter als gedacht (statt den geschätzten 20-30 km werden es dann doch über 100 km), dafür sehen wir den ersten schneebedeckten Berg Mount Ruapehu im Top-Skigebiet von Ohakune - der Stadt der großen Karotten. Für den Wald-Rundweg reicht es aber allemal, für den Kaffee sind wir allerdings danach zu spät: alle Cafes und die meisten Läden - so auch das Department of Conservation - schließen um 15 Uhr.
Heute ist ein Wanderweg im Whanganui geplant, erst mal in den National Park reinfahren, dann einfach einen Wanderweg auswählen. Die Deutsche Mentalität unterscheidet sich von der Neuseeländischen: in Deutschland geht man zum Wandern in die National Parks, in Neuseeland werden Schafe gezüchtet, man fährt auf dem Fluss Kajak oder in den Bergen Ski und vergnügt sich mit teuren Aktivitäten, für die alle Eintritt bezahlen. Der erste Versuch, in den National Park zu gelangen (da standen noch Schilder mit kleinen KM-Angaben am Straßenrand) scheitert nach kurzer Fahrt auf einer sehr schmalen, kurvigen und steilen Straße ohne Markierung, wir kehren um. Der Reiseführer erzählt auch von der wunderschönen Aussicht auf den Wald und den größtenteils unbefestigten Wegen. Also doch der SH 4. In Wanganui stand auf dem Straßenschild 123 km Entfernung angeschrieben, die wollen wir aber nicht ganz fahren. Auf dem zunächst gut ausgebauten SH 4 folgt nach kurzer Zeit ein Schild, das auf die Sturmschäden hinweist - für die nächsten 50 km. Wir erfahren ziemlich schnell die Bedeutung dieses Schildes: ab und zu ist mal der Straßenrand weggeschwemmt worden oder ganz einfach abgebrochen. An einigen Stellen wird gerade ausgebessert, d.h. dort gibt es kurze Schotter-Abschnitte, meistens wird auf 30 km/h abgebremst, viele orangefarbene Hütchen stehen auf oder am Rand der Straße, es liegt Schotter auf dem Asphalt, dann darf man wieder 100 km/h fahren. Wobei die 100 auf drn kurvigen unübersichtlichen Straße doch eher den Einheimischen vorbehalten ist. Ich bin im Urlaub und nicht auf der Flucht, glücklicherweise gibt es öfter mal eine "Slow Vehicle Bay" oder eine kleine Ausbuchtung am linken Fahrbahnrand, auf den man ausweichen kann, um die Schnelleren vorbei zu lassen. Männer stehen ja im Wettbewerb, die müssen schneller fahren - ich stehe da drüber!
Die Landschaft ist nicht sehr abwechslungsreich, steile Hügel rechts und links der Straße, immer wieder durch Zäune getrennt, unzählige Schafe und Kühe grasend bzw. wiederkäuend auf den Feldern. Eigentlich sollte heute gewandert werden und nicht wieder so weit mit dem Auto gefahren werden (es müsste mal in die Waschstraße) aber so richtige Wanderwege gibt es am Straßenrand nicht. Nach gut 100 km (lt. Straßenschild sind es 88 km bis Wanganui Stadt) gelangen wir in den ersten "größeren" Ort, Raetihi, mehr als 200 Einwohner kann es dort nicht geben, er ist auch im Reiseführer gar nicht erwähnt. Dort führt wieder ein Hinweisschild zum National Park, Richtung Pipiriki, nur noch 12 km. Schon kurz nach dem Ortsausgang fällt uns das Schild "Gravel 4 km " auf, und nach der Kurve, die auf 25 km/h beschränkt ist, ist es auch soweit: schwarzer Schotter, zwei "Fahrbahnen", eine davon jeweils breit genug für ein normales Auto, dazwischen ein aufgeworfener Haufen, der wohl als Begrenzung dienen soll. Meine Nerven halten das nicht allzu lange aus, bei der ersten Wendemöglichkeit kehren wir um. Zurück im Örtchen Raetihi kann die nette Kiwi-Frau im Informationsladen nicht so ganz verstehen, warum wir da nicht weiter fahren wollen, aber wir bleiben hart: wir wollen wandern und keine Schotterpiste fahren. In dem hier üblichen Slang (also so gut wie unverständlich, man reimt sich alles zwischen den zwei Worten, die man glaubt verstanden zu haben zusammen) erklärt sie uns, wir sollen nach Ohakune fahren, da gibt es dann Rundwege zum Wandern, von dem 4 h Weg rät sie uns ab, weil es nicht mehr ganz so früh ist.
Weitere 11 km weiter in Ohakune wollen wir erst einmal einen Kaffe trinken - und finden natürlich genau das eine Cafe, das bereits die Kaffeemaschine gereinigt hat. Dann nehmen wir uns die Stückchen halt mit und verzichten auf das Getränk. Frisch gestärkt wandern wir durch den Skiort, der Wind bläst uns fast die Hüte vom Kopf, die Aussicht auf Mt. Ruahepu entschädigt jedoch für alle Mühen. Es wirkt unwirklich, der Berg mit dem weißen Kamm und den Schneeausläufern, mitten im Sommer, mit T-Shirt und Sonnenhut unterwegs. Um 15:15 Uhr erreichen wir das Büro des DOC - es schließt um 15 Uhr. Den Wanderweg durch den Wald finden wir allerdings auch alleine. Etwa eine Stunde geht es durch die Waldlandschaft, die doch ein bisschen an den Film "Herr der Ringe" erinnert, alles ziemlich duster, teilweise riecht es extrem modrig, über dem Weg bilden die Bäume ein undurchdringliches Dach. Mehrere dicke Baumstämme liegen quer über dem Weg, sie wurden einfach durchsägt und in der Breite des Weges entfernt. Einige Bäume wachsen quer über den Weg, alles ist mit Moos und Flechten übersät. Nach der Hälfte des Weges wird der Fluss überquert, anschließend geht es auf der anderen Seite der Straße wieder zurück zum Ausgangspunkt. Der Weg ist zwar etwas kurz, die einmalige Waldlandschaft und die Einsamkeit entschädigen jedoch die weite Anfahrt.
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