Heute morgen ist es zwar noch stark bewölkt, der Wind treibt aber die Wolken auseinander so dass die Sonne wieder hervor kommt. Bestes Wetter um mit dem Cable Car auf den Berg zu fahren, durch den Botanischen Garten wieder zurück zur City zu spazieren, durch den Memorial Park am Hotel vorbei in das Wellington Museum am Hafen.
Wellington ist berühmt für seinen unglaublichen Wind. Das haben wir bereits am eigenen Leib erfahren, heute frischt der Wind auch wieder stärker auf - allerdings vertreibt er endlich die dunklen Wolken, die sonnigen Abschnitte nehmen zu, man erkennt wieder den blauen Himmel. Wir fahren mit der historischen Cable Car den Berg hinauf, es gibt tatsächlich drei Haltestellen - unter anderem die Universität - in der Mitte begegnen sich die beiden Züge und fahren gemächlich weiter bis zum Gipfel. Dort ist ein Obervatorium mit Planetarium untergebracht und der Eingang zum Botanischen Garten, der sich über 25 ha über den Hügel erstreckt. Die Wege durch den Garten sind teilweise recht steil, die schön angelegten Beete und herrlichen Bäume laden zum großen Fotografieren ein. Die Wege sind gut zu laufen, alle Wege führen zum Lady Norwood Rosengarten mit dem Begonien Haus. Auf dem Gipfel gibt es eine Sonnenuhr aus Steinen, man muss sich auf einen bestimmten Platz auf der bezeichneten Platte stellen um die Uhr ablesen zu können. Der Wind bläst uns allerdings fast den Hügel runter, wir probieren es also nicht aus. Das große Treehouse Visitor Center ist ein riesiges Baumhaus, wohl eher als Baumhaus gedacht, mit Eisenpfählen abgestützt sieht es dennoch beeindruckend aus. Der obligatorische Ententeich ist hier etwas kleiner ausgefallen - das ist eher positiv. Im Park sind einige Skulpturen aufgebaut, deren größerer Sinn mir allerdings verborgen bleiben - ich bin halt ein Kulturbanause. Oder wer versteht das Aufeinander legen von 4 großen Steinen mit einem kleinen Springbrunnen in der Mitte als Peacemaker Sculptur? Für mich sieht es eher aus wie eine Vogeltränke...
Die Wege winden sich bergab um schließlich in den Rosengarten zu münden, vorher geht es durch einen wunderschön angelegten Kräutergarten, mit Schildchen zur Beschreibung der Kräuter. Von dort gibt es einen herrlichen Ausblick auf den Rosengarten, der natürlich die Kameras zücken lässt. Die in kleineren Beeten angepflanzten Rosen sind alle mittels schwarzer Schilder beschriftet, die Namen sind äußerst interessant, von Playboy über Onkel Sam, Whisky, Tequila bis zu Aotearoa (Neuseeland).
Aus dem Park heraus führt ein Weg über den Memorial Park zur City hinunter. Der Memorial Park wurde in den 1960er Jahren geteilt - ein Motorway wurde gebaut (und Tunnel oder Brücken kannte man zu dieser Zeit offenbar noch nicht). Am Fußgängerübergang kann man nachlesen, dass ursprünglich mit der Umbettung von 2000 Gräbern gerechnet wurde, am Ende waren es dann 3700. Der Friedhof bzw. Memorial Park wurde 1898 geschlossen, und nur John Richard Seddon, genannt King Dick, wurde noch einmal 1906 dort begraben. King Dick war der Premier-Minister Neuseelands von 1893 bis zu seinem Tod, und hat die damalige Politik dominiert - wie man an mehreren Stellen in Wellington nachlesen kann. Es ist auch erstaunlich, dass es nicht nur eine Statue von ihm hier gibt, er begegnet einem recht häufig. Vom Hotelzimmer aus ist der kleine Teil des Memorial Parks zu sehen, ich hatte mich schon über den kleinen Friedhof gefreut, dass er über einen weit größeren Teil mit Berühmtheiten sich erstreckt, konnte ich nicht ahnen. Es gibt sogar einen Memorial Park Trail, mit zugehörigem Prospekt, in dem alle Pfade und die wichtigsten Grabstätten eingezeichnet sind.
Weiter geht es zum Wellington Museum, wunderschön am Hafen gelegen, in dem die Geschichte von Wellington erzählt wird. Im untersten Geschoss wird das vergangene Jahrhundert in Jahresschritten wieder gegeben, pro Jahr werden die wichtigsten Ereignisse dargestellt. Als die Beatles in den 1960er in Wellington waren, hat John Lennon über Neuseeland (oder doch Wellington?) gesagt, er fühlt sich hier wie im England des 18. Jahrhunderts. (Irgendwie nachvollziehbar...) Im zweiten Stock wird die Seefahrt beschrieben, ein Dokumentarfilm zur großen Katastrophe 1968 "The Wahine Disaster" erzählt die Geschichte von der Fähre, die am 10. April 1968 in der Hafeneinfahrt von Wellington vom Sturm mit 100 - 140 Meilen pro Stunde überrascht wurde, das Radar fiel aus, ein Steuer ging kaputt, und die 734 Passagiere und Crewmitglieder mussten über die Rettungsboote das sinkende Schiff verlassen. In der Museums-Dokumentation wird die Hilfsbereitschaft aller zur Hilfe eilenden kleineren und größeren Boote sowie der in Seenot geratenen betont - aber gab es keine Berufs-Seenot-Retter? Das hat sich wohl bis heute noch nicht so richtig durchgesetzt hier in Neuseeland. (Es hat ihnen ja auch noch niemand gesagt, dass man die Stromleitungen unterirdisch verlegen kann.) Im dritten Stock des Museums befindet sich die Aufarbeitung der Maori-Hinterlassenschaften und eine Projektion zur Erklärung der Maori-Legende zur Entstehung von Wellington. Das Kiwi-Englisch ist leider äußerst schwierig zu verstehen, die Projektion war allerdings gut gemacht.
Am Hafen beobachten wir einige Möwen, die durch den Wind wild durcheinander gewirbelt werden. Sie vollführen einige Kunststücke bei ihren Landeversuchen, ich habe zum ersten Mal Möwen rückwärts fliegen sehen. Leider wird es aber recht kühl mit diesem gigantischen Wind, auch wenn die Sonne jetzt fast ganz die Überhand gewonnen hat.
Den letzten Abend auf der Nordinsel genießen wir im Backbencher, ein äußerst beeindruckendes Pub (oder ist es eine Bar oder ein Restaurant?), das direkt gegenüber dem Beehive liegt, in dem Kiwi-Politiker "aufgehängt" (als Marionetten) sind und die Gerichte auch die Politikernamen beinhalten. Auch das Essen ist mehr als beeindruckend!