Heute nehmen wir die Fähre von Wellington nach Picton, durch die "moderate" Cook Strait mit herrlichen Ausblicken auf den Queen Charlotte Sound. Das nächste Mietauto wartet schon, die 140 km nach Nelson sind schnell weiter gefahren.
Heute nehmen wir Abschied von dem berühmt-berüchtigten Wind von Wellington. Ich wundere mich immer noch, dass man das Regierungsgebäude "Bienenstock" - Beehive - nennen kann, aber wenn man das Bauwerk sieht, weiß man: der Name passt! In Neuseeland ist halt alles anders. Am Fährhafen ist der Schalter von Thrifty nicht besetzt, die Parkplätze des Autovermieters dafür umso mehr, hier sehen sie es etwas gelassener - wir gehen davon aus, dass sie das Auto noch finden werden auf dem Parkplatz. Die Fähre legt pünktlich um 10:30 Uhr ab, wir sitzen mit unserem restlichen Gepäck auf dem ersten Sitz neben dem Eingang. Sowohl der Holzkasten mit dem Wein als auch der restliche Schmodder in der Einkaufstasche sind richtig schwer - die kleinen Rucksäcke nicht zu vergessen (wir haben ziemlich lange gebraucht, um alles so kompakt zu verstauen). Zum Glück konnten wir die großen Rucksäcke einchecken - völlig neu für mich auf einer Fähre, aber genial. Als die Fähre aus der Wellingtoner Bucht ausfährt, gehen wir abwechselnd auf die äußeren Decks um zu fotografieren. Es ist allerdings stark bewölkt, so dass die Fotos nicht sonderlich gut werden, es fehlt der Kontrast. Durch den Wind werden die Wolken ziemlich schnell vertrieben und schon bei der Einfahrt auf die Ausläufer der Südinsel ist strahlend blauer Himmel angesagt. Die Passage durch den Marlborough und den Queen Charlotte Sound ist recht eng, gerade richtig um einen intensiven Eindruck des "wilden Südens" zu bekommen. Hier ist der Urwald noch an vielen Stellen vorhanden, oftmals erkennt man aber auch die inzwischen aufgeforsteten Nadelwälder, in denen die Bäume in Reih und Glied stehen. Auch Weide-Wiesen sind zu erkennen, diese sind inzwischen bräunlich verbrannt, die Sonne scheint auch hier sehr kräftig und dörrt das Feld aus.
Die Ankunft in Picton ist einigermaßen aufregend, die Fähre setzt einige Male zurück um (scheinbar?) abzuprallen und wieder Anlauf zu nehmen. Die Gangway wird an die Luke rangefahren, und schon geht es schwer bepackt zum Terminal. Erst einmal wird der Trolly besorgt, dann teilen wir uns auf, Heiko kümmert sich um den neuen Mietwagen, ich hole das Gepäck. Ab jetzt haben wir einen Toyota Camry, keinen Kombi sondern einen Sportivo, feuerrot, 2,4 l Hubraum. Der direkte Vergleich mit dem Mazda lässt den Toyota ziemlich alt aussehen, der zieht die Wurst nicht vom Brot;-)
Es sind über 140 km auf dem SH 1 bis kurz vor Blenheim und dann dem SH 6 bis Nelson. Die Strecke ist wieder eher für Motorräder geeignet, wir bemerken, dass die Klimaanlage des Autos schlechter ist als die des vorherigen. Kurz vor dem Motel, als die Straße direkt an der Küste entlang führt, haben wir unseren ersten Stau (na ja, Stop-and-Go), dass hier tatsächlich so viele Autos rum fahren, dass es sich stauen könnte, hätten wir nicht vermutet. Im Gegenteil, wir amüsieren uns köstlich über die überbreiten und überdimensionierten Straßen, auf denen Tote-Hose herrscht.
Bei der abendlichen Planung des nächsten Tages bin ich etwas enttäuscht, dass der lonely planet Reiseführer die Sehenswürdigkeiten, die ich mir markiert hatte, ziemlich durcheinander präsentiert und auch die recht großen Distanzen dazwischen nicht erwähnt. Die 140 km zurück zu fahren um die beiden Sounds zu erwandern fällt hiermit flach. Auch der Nelson Lakes National Park ist mehr als 170 km entfernt - und die geben das als "Raum Nelson" an! Als Heiko sein Wasserglas noch über den Laptop schüttet ist klar - heute ist nicht unser Tag!
Ein Spaziergang in der näheren Umgebung des Motels ist allerdings wieder aufbauend: wir machen einige Neid-macher-Fotos am fast menschenleeren sonnigen Sandstrand von Nelson und finden einige richtig einladende Restaurants in Laufnähe. Hier sehen sie nicht ausschließlich wie Fast-Food-Läden mit dem entsprechenden Möglichst-schnell-weg-Rennen-Ambiente aus, auch die Speisekarten sind mal wieder für unsere Geschmäcker.
Das Highlight des Tages (im wahrsten Sinne des Wortes): die magische Nachttisch-Lampe. Als ich sie Heiko vorführen will, nämlich Sicherung einschalten (wohlgemerkt die Sicherung der Steckdose, in der KEIN Kabel steckt) und dann geht sie 10 Sekunden später an, funktioniert es erst, als ich die Lampe etwas zur Seite rücke. Aber Heiko hat es bereits gemerkt - der fehlende Schalter wird durch einen Sensor ersetzt :-)
Wie sagt der Motel-Wirt so schön: immer wenn er aus dem Urlaub zurück kommt, denkt er: "Back in paradise!" - und wir können es nachvollziehen! Herrlicher leerer Sandstrand, gemütlicher Ort (bis auf die rush hour zwischen 15 und 17 Uhr), nette Kneipen - hier lässt es sich aushalten!
Der Wirt des Motel ist redselig, er erzählt uns von seinem Urlaub in Deutschland, dass er Frankfurt besucht hat und Heidelberg, und dass ihm das sehr gut gefallen hat. Bei seiner Rückkehr hat er nur gedacht: "Back in paradise" - und ich kann ihn gut verstehen. Hier ist es tatsächlich paradiesisch! Die Sonne scheint was das Zeug hält (25 °C im nicht vorhandenen Schatten), wir weiten den Strandspaziergang aus, es sind an diesem Ende keine Badende dafür umso mehr Hundebesitzer und auch Angler anzutreffen. Auf dem Rückweg gibt es noch Stückchen zum Mittagessen, dann machen wir uns auf den Weg zum nächsten Weingut - Neudorf. Das Weingut liegt im Gebiet Moutere, durch das ein malerischer "Highway" führt, vorbei an Windschutz-Hecken hinter denen Obstplantagen angebaut werden, durch viele Weinberge, die hier in der Ebene und nicht am Berg angepflanzt sind. Zu Neudorf gehört ebenfalls eine Käserei, in der Schafskäse - lt. Prospekt - "nach europäischer Tradition" hergestellt wird. Vor einer Weinprobe eine Käseprobe einzulegen gefällt uns richtig gut. Wir dürfen vom Feta über Hartkäse und Frischkäse bis zum Blauschimmel-Käse ("blue wine cheese") alles probieren und decken uns für die nächste Zeit ein.
Es liegt nur ein knapper km zwischen der Käserei und der Weinverkostung, die inmitten der Rebstöcke liegt, mit einem wunderschönen Garten. Nachdem wir den Wein probiert und auch gekauft haben, sehen wir uns noch im Garten und den angebauten Gebäuden um, kehren anschließend ins Motel zurück, um alles zu sichern. Am Abend testen wir den Schmuggler-Pub, der nicht nur mit hervorragendem Bier sondern vor allem mit Riesen-Portionen aufwartet. Das führt zu einem ausgedehnten Verdauungsspaziergang am Strand, diesmal sind viele Kitesurfer und Segelboote auf dem Meer zu sehen.
Und heute geht es in den National Park Abel Tasman. Auch wenn der gute Holländer nie die Insel betrat, so hat er hier sichtbare Spuren hinterlassen: viele Statuen, Denkmäler und einen genialen National Park. Das Aquataxi bringt uns zur Torrent Bay, von dort laufen wir den Coastal Track zurück über Anchorage Bay (der erste Taxihalt) weiter durch den ursprünglichen Urwald an malerischen Buchten vorbei, nach Marahau.
Der nächste National Park will erkundet werden: der Abel Tasman National Park, durch den zwei große Wanderwege führen, der Coastal Track und der Inland Track. Für beide Wege benötigt man jeweils 2-5 Tage, um diese komplett zu wandern, es gibt keine Straßen durch den Park. Als wir Marahau erreichen trauen wir unseren Augen kaum: es ist ein äußerst seltsames Bild, in der Sandbank vor der Küstenstraße Traktoren zu sehen, wir können es uns nicht erklären. Die Erleuchtung kommt jedoch beim Einchecken in das Aquataxi: die Taxi-Boote liegen auf Trailer, die von Traktoren gezogen werden. Wir steigen also mitten auf dem Parkplatz in das Boot ein, der Fahrer fährt erst über die Straße, dann über die Bootsablege-Rampe auf die Sandbank - Ebbe ist gerade vorüber - vorbei an einem Katamaran, der im Sand steht, und übergibt den Traktor an einen weiteren Fahrer (der hat auch einen genialen Job!), der uns rückwärts in das Wasser schiebt, bis der Motor im Wasser richtig läuft.
Die Tour startet erst an der Küste entlang Richtung Süden, um uns einen besonderen Felsen zu zeigen - leider verstehen wir zu wenig vom Kiwi-Englisch, ich glaube, die Felsformation war irgendwann einmal mit dem Küstenstreifen verbunden und ist nun abgetrennt. Der Fels ist aus einem besonderen Stein - glaube ich verstanden zu haben. In rasender Geschwindigkeit (mir war das definitiv zu schnell!!!) geht es dann mit dem Boot Richtung Norden - da wollen wir ja eigentlich hin -, vorbei an wunderschönen einsamen Buchten mit herrlichen Sandstränden, die nur per Kajak oder zu Fuß erreichbar sind. Einige Kajaks werden von der Welle durchgerüttelt (man kann hier auch Kajaks für Tagestouren mieten) bis wir den ersten Haltepunkt Anchorage erreichen. Der "Taxifahrer" rät den Aussteigenden, die Schuhe auszuziehen, man steigt im Wasser aus, wir verstehen, dass dies nur in Anchorage gilt, erfahren aber bei unserem Halt Torrent Bay, dass das wohl doch für alle Haltepunkte gilt. Das Wasser ist etwas tiefer als knietief, Heikos Jeans kriegt einiges ab, die Hose des Taxifahrers ebenfalls, als er seinem Boot hinterher laufen darf - man sollte sich eben doch nicht mit Kollegen unterhalten ohne vorher den Anker zu setzen:-)
Unsere Wanderung beginnt gegen 13:30 Uhr, bis wir die Füße wieder sandfrei und trocken und die Schuhe geschnürt haben, vergeht eine ganze Weile. Der Weg ist lt. Reiseführer sehr gut markiert - das stimmt auch bis auf das erste Schild, das offenbar falsch herum aufgestellt wurde. Aber wir haben ja das Navigationssystem dabei;-)
Die Ebbe ist bereits einige Zeit vorüber, so dass wir nicht den Strandweg sondern den kleinen Umweg über den Waldweg wählen. Ein Einheimischer erzählt etwas von knietiefem Wasser, die Stecke sei noch passierbar, ein anderes Deutsches Paar entscheidet sich für den kürzeren Weg.
Im Reiseführer wird gewarnt, dass in der Hauptsaison von Dezember bis Ende Februar Hunderte diesen Weg entlang wandern, dass er stark überlaufen ist. Und tatsächlich: es begegnen uns bestimmt 30 Wandernde in den knapp 5 Stunden, die wir zurück nach Marahau wandern! Der Weg schlängelt sich an den Küstenhängen entlang durch ursprünglichen Urwald, viele der von mir so geliebten Farnbäume und auch andere größere, ältere endemische Bäume sind hier erhalten geblieben. Einige Aussichtspunkte haben sehr phantasievolle Namen, wie z.B. Cleopatras Pool, eine treppenartige Felsformation, die zum Baden einlädt. Der Weg ist sehr gut instand gehalten, breit genug um nebeneinander zu gehen (meistens), er ist nicht nur sehr gut markiert sondern auch schön zu gehen. Wir begegnen einigen Wanderern mit großen Rucksäcken, die offenbar Mehrtagestouren durch den Park machen. Man muss vorher die Übernachtung buchen, die Hütten sind allerdings nicht bewirtschaftet, d.h. man muss die komplette Verpflegung mit auf den Weg nehmen, viele packen auch das Zelt ein, die Hütten sind schnell ausgebucht. Das ganze Wasser mitzuschleppen - es gibt kein Trinkwasser unterwegs - ist schon ein Problem, beim Essen hört der Spaß definitiv auf, das wäre nichts für mich.
Der Coastal Track ist etwas höher gelegen, es führen immer wieder kleine Wege steil den Hügel bergab zu den einsamen Sandstränden, mehr als eine Gruppe von max. 4 Personen pro Strand ist nie zu sehen. Allerdings hätte man direkt am Weg einige Bäume fällten können, damit man besser die Küste fotografieren kann, das haben die hier wohl vergessen. Auch Parkbänke sind ausschließlich auf den Picknick Arealen aufgestellt - die allesamt einige Höhenmeter unterhalb des Coastal Track liegen. Nach so 3 Stunden wird es in der Gluthitze langsam anstrengend, ich hätte mehr Wasser mitnehmen sollen, Heiko hätte mehr trainieren sollen. So werden die Foto-Stopps seltener, je weiter wir voran kommen, aber wir schaffen es noch bis zum Park Cafe, das letzte Stück über eine lange Sandbank teilweise über Holzpfade, von denen man die Vögel und auch kleine Krebse beobachten kann. Im Park Cafe genehmigen wir uns erst mal ein kühles Radler (die Kiwis haben allerdings die Zitronenlimo darin vergessen) und schleppen uns das letzte Stück die Straße entlang bis zum Auto. Die angegebenen 4,5 bis 5 Stunden Wanderung stimmen ja, die 15 km Strecke ist lt. Navigationssystem doch eher 18 km lang. Auf der Autofahrt zurück passiert nicht mehr viel, der Beifahrer betreibt Augenpflege und bereitet im Geiste schon mal das wohlverdiente Abendessen vor (oder träumt von den Lammsteaks).
Nach der anstrengenden Wandertour haben wir Erholung verdient - endlich mal etwas länger ausschlafen, kurzer Strandspaziergang, Cafe-Besuch in Nelson und anschließende Augenpflege. Natürlich erst nach der weiteren Urlaubsplanung, heute ist die letzte Nacht in Nelson, morgen geht es nach Hokitika.
Heute gibt es kein Programm, es reicht schon, dass ich die Toast-Packung auf die Herdplatte gestellt habe - sie war noch heiß vom Eier kochen, allerdings nicht heiß genug, dass es so richtig gestunken hätte. Das Notebook ist inzwischen auch fast trocken, der Wasserfleck auf dem Display ist glücklicherweise stark geschrumpft. Um den Urlaub richtig zu genießen gehen wir durch den angrenzenden Holiday Park zum Strand und sehen beim Spazieren den Hunden beim Apportieren und im-Sand-wälzen zu. Im Visitor Center von Nelson entscheiden wir spontan, den Trafalgar Park zu besichtigen - es scheint sich aber hierbei um Croquet und Tennisplätze mit Shopping-Center zu handeln, nicht etwa um einen grün angelegten Park. Wir überlegen noch, in die Da Vinci-Maschinen-Ausstellung zu gehen, finden das dann aber doch etwas zu exotisch für Neuseeland (12 $ pro Person ist auch eine Stange Geld) und folgen unserem ursprünglichen Plan: Cappuccino und Cafe Latte. Nach äußerst ausführlicher Cafe-Auswahl setzen wir uns in das erste, das in Frage kam (das hätten wir auch einfacher haben können).
Die Wäsche ist inzwischen auch trocken - bald kennen wir sämtliche Waschmaschinen- und Trockner-Systeme, die den Kiwis so einfallen. Einen Trockner, der auf dem Kopf steht hat zumindest den Vorteil, dass auch kurze Leute den Regler bedienen können. Und jedes mal wissen wir hinterher, welches Programm wir hätten wählen wollen, wenn wir die Maschine vorher verstanden hätten;-)
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